Jede Landschaft erzählt eine Geschichte. Hier in den Osterntannen bei Lorup ist es die Geschichte vom harten Leben der Geestbauern, von der blühenden Heide, dem Wind und den Dünen unter den Wurzeln eines neuen Waldes.
Seit Menschengedenken trieben die Bauern der Hümmlinger Geest ihr Vieh in die freie Landschaft, wo es weidete und den Bewohnern ein karges Auskommen ermöglichte. Der Ackerbau war nur an wenigen Stellen ertragreich und der arme Sandboden musste stets mit der Zufuhr von Dünger genährt werden. Die Schafe und Ziegen der Bevölkerung fraßen an den Sträuchern und jungen Bäumen und sammelten in der Landschaft Nährstoffe ein. In den Pferchen und Ställen, in die sie nachts zum Schutz vor den Wölfen getrieben wurden, verrichteten sie schließlich ihre Notdurft und sorgten somit für den dringend benötigten Dünger der Felder. Mit dem Wachsen der Herden und dem Fällen von Bäumen für Brenn- und Bauholz veränderte sich über Jahrhunderte die Landschaft. Es entstand eine offene Heidelandschaft, da über den Verlauf der Zeit fast alle jungen Bäume vom Vieh verbissen wurden und ein Aufkommen neuer Vegetation verhindert wurde. Die weite, romantisch wirkende Heidelandschaft, die uns noch heute zu faszinieren vermag, war somit alles andere als eine unberührte Natur – es war ein intensiv genutzter Wirtschaftsraum.
Da es den Bauern aber an genügend Einstreu fehlte um den Dung zu binden, der auf die Äcker gelangen sollte, mussten hierfür Alternativen gesucht werden. Es mangelte durch die geringe Zahl von Getreideäckern an Stroh. Laubstreu aus den sommergrünen Wäldern, wie es in anderen Regionen Deutschlands genutzt wurde, war durch das heidereiche Offenland sehr selten. So musste das Heidekraut als solches dafür herhalten. Die Sträucher wurden kurzerhand samt Wurzel aus dem sandigen Boden gestochen und als Bindemittel für den Dung verwendet. Diese herausgestochenen Heidestücke wurden Plaggen genannt und nach ihrer Verwendung in den Ställen auf den Äckern ausgebracht – den sogenannten Plaggen-Eschen.
Ohne die Wurzeln der Bäume und Heidesträucher, die den lockeren Sand festhielten, wurde der Boden jedoch der Erosion preisgegeben. Die Winde begannen den Sand zu bewegen und Dünen entstanden, die durch die Landschaft zogen. Selbst dort, wo noch Heide wuchs, wurde sie teilweise von den Dünen verschüttet und starb. Der wüstenähnliche Charakter den diese Landschaft einst hatte, ist heute nur noch schwer vorstellbar, zumal zwischen den ausgedehnten Sandflächen immer wieder Moore lagen und es an Niederschlag folglich nicht mangelte. Die kleinen „Hügel“, die man hier in den Wäldern von Lorup noch sieht sind Zeugen dieser Zeit, als noch vor 200 Jahren die Dünen des Hümmlings vom Wind durch die Geest getrieben wurden.
Erst in nachnapoleonischer Zeit begann der Kampf gegen die Flugsande der Dünen. Im Rahmen groß angelegter Aufforstungsaktionen wurden weite Teile der einst offenen Landschaft mit Kiefern bepflanzt um durch ihre Wurzeln den Sand zu fixieren. Noch heute findet man in den Wäldern die alten Dünen und hin und wieder haben auch ein paar Heidesträucher die Zeit überdauert.