Die Buche in den Bockholter Herrentannen ist eine mehrere hundert Jahre alte Blutbuche
Die Buche wird von den Einheimischen Bockholter Buche, Liebesbuche oder einfach nur Buche genannt. Um diesen alten Baum ranken sich mehrere Geschichten und Legenden.
Eine stellen wir hier vor:
Die Legende von der Buche
Anfang des 19. Jahrhunderts lebte ein Mann aus der Nähe der niederländischen Grenze als Heuermann in Werlte. Als Heuermann war er dazu gezwungen, seinem Bauer bei jeder
Gelegenheit zu helfen und eine nicht unerhebliche Pacht zu zahlen. Im Gegenzug dafür bekam er die Möglichkeit, im Heuerhaus mit seinen 13 Kindern und seiner Frau zu wohnen und ein bescheidenes Stück Land zu bewirtschaften. Da es ihm als Heuermann nicht möglich war Vieh zu halten und ihm das Plaggenstechen nicht gestattet war, hatte er keine Möglichkeit seine Böden zu düngen. Die Böden auf dem Hümmling sind sehr karg und so war der Hunger ihr täglicher Begleiter.
Als nach einem Sturm das meiste seines ohnehin nur wenig fruchtbaren Bodens weggeblasen wurde, wusste er nicht mehr was er machen sollte. Da fiel ihm ein, was ihm einer der Dorfältesten einmal erzählte. Rund um Werlte gibt es viele Großsteingräber und Grabhügel aus längst vergangen Zeiten. In diesen Großsteingräbern und Grabhügeln befinden sich unermessliche Reichtümer, bronzene Schwerter, fein gearbeitete Krüge und der Dorfälteste sprach sogar von goldenem Schmuck.
Die Großsteingräber, so wusste der Mann, waren schon längst meist geplündert und zum Teil sogar zerstört. Aber hatte er nicht neulich beim Reisigsammeln im Bockholter Tannenkamp, den heutigen Bockholter Herrentannen, ungewöhnliche Hügel entdeckt? Er wusste nicht, ob er wirklich zum Grabräuber werden sollte; aber als der Bauer auf die Zahlung der längst fälligen Pacht drängte, stand sein Entschluss fest. Noch vor dem Morgengrauen ging er mit seiner rostigen Schaufel zu der Stelle im Bockholter Tannenkamp, wo er die Grabhügel vermutete. Nachdem er schon einige Zeit gebuddelt hatte, stieß er tatsächlich auf Steinplatten. Darunter befanden sich jedoch nur ein paar Knochenreste und ein fast verrotteter Ledergürtel. Was er allerdings in einem Grab daneben fand, wagte er in seinen kühnsten Träumen nicht zu
erhoffen. Der Heuermann grub hier eine mit Rillen verzierte bronzene Streitaxt und goldenen Frauenschmuck aus.
Nachdem er seine Beute sicher in seinem Bündel verschnürt hatte, bemerkte er erst, welche Verwüstungen seine Grabungen hinterlassen hatten. Um das Durcheinander ein wenig zu verdecken, nahm der Mann einige Buchensprösslinge und pflanzte Sie auf die ehemaligen Gräber.
Nach einiger Zeit besuchte ihn ein Bekannter aus der Nähe der niederländischen Grenze, der sich seinen Unterhalt mit der so genannten Hollandgängerei, dem Schmuggel von Waren, verdiente. Diesem Bekannten verkaufte der Heuermann die Streitaxt und den goldenen Frauenschmuck. Nun hatten seine Geldsorgen erst einmal ein Ende und neben
Buchweizengrütze stand nun auch einmal ein Kartoffeleintopf mit ein wenig Speck auf dem Speiseplan.
Aber wie heißt es doch so schön, ein Täter kehrt immer zu seinem Tatort zurück. Und so war es auch mit dem Heuermann, der zum Grabräuber wurde.
Bei einem Besuch des Bockholter Tannenkamps fiel ihm auf, dass eine der Buchen, die er auf die Gräber gepflanzt hatte, wesentlich schneller wuchs als die anderen drum herum. Sie hatte auch schon mehr Äste als die anderen. Stand diese Buche nicht genau an der Stelle wo er den großen Fund gemacht hatte?
Die Jahre zogen ins Land. Mit dem Geld aus dem Verkauf der Grabfunde konnte der
Heuermann einigermaßen gut leben und es reichte auch, um seine 13 Kinder und seine
mittlerweile 67 Enkelkinder hin und wieder ein wenig zu unterstützen. Es war ihm sogar möglich gewesen von seinem Bauern ein Stück Ödland zu kaufen und so einige Schafe zu halten.
Glücklich über sein neues Leben hatte der Mann schon fast seinen Frevel vergessen, den er vor einigen Jahren an dem Grab im Bockholter Tannenkamp begangen hatte. Aber
irgendetwas drängte ihn wieder an diesen Ort zurückzukommen. Als er an einem stürmischen Tag wieder zu den von ihm damals zerstörten Grabhügeln kam,
fiel ihm wieder diese Buche auf, die schon vor einigen Jahren wesentlich größer war als alle anderen, die er hier gepflanzt hatte. Er betrachtete sie eingehend und zählte
dabei 13 dickere und 67 dünnere Äste. Das ist aber eigenartig, dachte er, ich habe doch 13 Kinder und 67 Enkelkinder! Während er so in sich gekehrt dastand, kam eine heftige Bö und brach einen der dünneren Äste ab.
Der Heuermann sammelte noch etwas Reisig und machte sich wieder auf den Weg nach
Hause. Seine Frau kam ihm schon von Weitem entgegen und erzählte ihm unter Tränen, dass soeben sein jüngstes Enkelkind verstorben sei.
Da verfluchte er den Tag, an dem er aus Not zum Grabräuber wurde und er schwor sich von nun an jede freie Minute mit der Pflege der Armengräber in Werlte zu verbringen.